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Mittwoch, 8. Februar 2023
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Christian Eggenberger
Mists hats genug, willige Landwirte ebenfalls, trotzdem ist die Anzahl von Biogasanlagen auf Bauernhöfe bescheiden. Wir haben mit vier Männern gesprochen, die wissen, woran eine Realisation meistens scheitert.
Region Wie im ganzen Kanton ist Biogas auch in Weinfelden ein Thema. Eine Biogasanlage in Weinfelden zu realisieren ist laut Stadtrat Daniel Engeli immer wieder für Unternehmungen ein Thema gewesen. Verschiedene Anläufe lösten sich wieder im Nichts auf. Hauptsächlicher Grund war die Wirtschaftlichkeit. Doch auch jahrelange Rechtsstreite mit Nachbarn, Wartezeiten beim Kanton und eine fehlende Finanzierung sind Gründe, warum in der Region nur wenige Landwirtschaftsbetriebe ihren Hof als Biogasanlage nutzen. Wir haben mit Spezialisten und Betroffenen über das aktuelle Thema gesprochen. 2024 soll die Biogasanlage von Landwirt Markus Zürcher ans Netz gehen. Eigentlich ein Grund zur Freude, doch der Bauer aus Schönholzerswilen hat jahrelang durchhalten müssen – und ist 300'000 Franken ärmer als vor fünf Jahren, als der Kampf begann. Christian Eggenberger ist Leiter Beratung Entwicklung Innovation am Arenenberg in Salenstein und die erste Anlaufstelle, wenn sich ein Landwirt für den Bau einer eigenen Biogasanlage interessiert. Marco Pelladoni vom Unternehmen «Bioenergie Tägerwilen » arbeitet für die Pionierin im Sachen Biogas im Kanton.
Als erstes treffe ich Marco Pelladoni. Der Leiter der Kompostieranlage nimmt sich Zeit, um mich durch die Biogasanlage am Rande von Tägerwilen zu führen. Er zeigt sich sehr geduldig und gibt sich mit seiner charmanten Art Mühe, die Komplexität einer solchen Errungenschaft möglichst einfach zu erklären. Und in der Tat macht es bei mir irgendwann «klick». Ganz vereinfacht gesagt: Durch die Vergärung von Biomasse wie Festmist oder Grünabfuhr wird Biogas erzeugt, welches ins Kreuzlinger Gasnetz eingespiesen wird. Bei einem mittelgrossen Landwirtschaftsbetrieb können mit der erzeugten Energie übrigens etwa 80 Haushalte mit Strom versorgt werden. Die Schritte dahin sind natürlich höchst komplex, doch die Erläuterung würde die ganze Zeitung füllen. Warum denn nicht jeder Landwirtschaftsbetrieb solch eine Anlage im Miniformat besitzt?, frage ich mich. Ein Hof autark zu betreiben und dann noch Geld mit dem Verkauf des Gases zu verdienen, hört sich doch gut an. Er lächelt und holt zur Erklärung aus. Genauso wie Christian Eggenberger als ich ihm dieselbe Frage stelle. «Es gibt verschiedene Faktoren, die für und gegen eine eigene Biogasanlage sprechen», sagt der Leiter Beratung am Arenenberg. Wir treffen uns in Salenstein und laufen durch den Betrieb. Ein Roboter säubert gerade den Stall und ein anderer versorgt die Rinder mit frischem Heu. Verrückt. Die Investitionen seien sehr hoch, unter zwei Millionen lasse sich eine mittelgrosse Biogasanlage nicht realisieren. Amortisiert sei eine solche je nach Grösse des Hofes nach zwei Jahrzehnten. Die im Dezember 2022 neu definierten Förderbeiträge des Bundes klingen jedoch verlockend. 50 Prozent zahlt dieser und bis zu 250'000 Franken gibt’s vom Kanton obendrauf. Doch die wenigsten haben 750'000 Franken auf der hohen Kante, die sie für eine Biogasanlage, welche sie vielleicht sogar überlebt, bis sie Geld abwirft, ausgeben können. Aus rein ökologischen Gründen könne sich eine Biogasanlage kein Landwirt leisten, so Eggenberger. Energiebeschaffung ist aber aktuell ein grosses Thema, unabhängig zu sein, hört sich gut an. Doch nebst den hohen Kosten wartet ein riesiger Berg an rechtlichen Abklärungen auf die Bauern. Eggenberger begleitet die Landwirte von Stunde eins, kalkuliert alles durch und stellt in einer Erstabklärung fest, ob der Standort für den Bau einer Anlage überhaupt in Frage kommt. Viele scheitern in ihren Plänen bereits bei diesem Punkt. Doch immerhin konnte Eggenberger in den letzten Jahren sechs Projekte begleiten und erfolgreich abschliessen. Marco Pelladonis Konzept funktioniert zwar gleich in der Theorie, doch der Ansatz ist ein gänzlich anderer. Landwirte bringen ihren Mist nach Tägerwilen, dieser wird dort in sogenannten Fermenter sogenannte «Garagen» zu Gas umgewandelt und nach etwa fünf Wochen können die Bauern den Mist, der sich optimal als Dünger eignet, wieder abholen. Der perfekte Kreislauf. «Dann könnte man doch an verschiedenen Standorten solche eine Anlage aufbauen », schlage ich vor. Der perfekte Kreislauf. Er erklärt, dass diese Idee nur mit Landwirten in der nahen Umgebung funktioniert. Die Transportkosten seien zu hoch, um den Mist durch «die halbe Schweiz zu karren». Und auch nicht sehr ökologisch.
Trotz der finanziellen Investition, dem personellen Aufwand, den hohen Instandhaltungskosten und den unsicheren Strompreisen – Bauer Markus Zürcher will sie, die Biogasanlage auf dem eigenen Hof. Sprichwörtlich um jeden Preis. Es ist bewundernswert, was für eine Ausdauer er hat. Nach einem Jahr Planung reichte er 2017 die erste Baueingabe ein. Daraufhin dauerte es ein weiteres Jahr, bis der Kanton die Umweltverträglichkeitsprüfung vollzogen hat. Doch dann kam die Bewilligung – postwendend jedoch sieben Einsprachen, eine davon ging in den Rekurs. Am Verwaltungsgericht wurde der Antrag von Zürcher abgeschmettert. Und so zieht sich das ganze seit Jahren hin. «Die Fantasie der Anwälte ist grenzenlos », sagt Markus Zürcher. Heute kann er, wenn auch wehmütig, darüber schmunzeln, denn die Ziellinie ist in Sicht. Für Grundlagen zur Bewilligung einer Anlage spricht er von der wirtschaftlichen und räumlichen Unterordnung, maximalen Arbeitsstunden in der Bewirtschaftung der Biogasanlage und die Obergrenze an produzierter Energie. «Es ist wirklich ein riesiger Dschungel an Regelungen und der Ermessungsspielraum ist gross», machte Zürcher die Erfahrung. Eine besondere Hürde wurde seitens Bundesgerichts im Jahre 2019 eingeführt, wonach eine Umweltverträglichkeitsprüfungs- pflichtige Anlage (ab 5000 Tonnen Jahresmenge) in einer speziellen Planungszone erstellt werden sollte. Diese Jahresmenge entspricht lediglich gerade mal dem Mist von 120 Kühen oder rund 2300 Mastsauen. Nichts für den Landwirt, der nebst Mutterkühen 18'000 Hühner hält. Alle bis vor 2018 erstellten Anlagen in der Schweiz sind nicht von der Regelung betroffen. Wer mehr als die vorgegebene Menge verarbeitet, müsste vorab einen Antrag für die «Spezialzone Energiegewinnung » einreichen um diesbezügliche Unsicherheiten wegzuräumen. «85 Prozent aller Biogasanlagen in der Schweiz liegen weit über dem Maximum», weiss Zürcher. Der Durchschnitt liege bei über 13'000 Tonnen Biomasse pro Jahr. Im aktuellen Antrag hat er die Anlage deshalb auf 4995 Tonnen redimensioniert – auch wenn sein Betrieb ein Vielfaches an Energie produzieren könnte, gibt es sich fürs erste zufrieden. Man sieht: meist liegt es nicht am Wollen der Landwirte, sondern am Können.
Von Desirée Müller
Christian Eggenberger
Mists hats genug, willige Landwirte ebenfalls, trotzdem ist die Anzahl von Biogasanlagen auf Bauernhöfe bescheiden. Wir haben mit vier Männern gesprochen, die wissen, woran eine Realisation meistens scheitert.
Region Wie im ganzen Kanton ist Biogas auch in Weinfelden ein Thema. Eine Biogasanlage in Weinfelden zu realisieren ist laut Stadtrat Daniel Engeli immer wieder für Unternehmungen ein Thema gewesen. Verschiedene Anläufe lösten sich wieder im Nichts auf. Hauptsächlicher Grund war die Wirtschaftlichkeit. Doch auch jahrelange Rechtsstreite mit Nachbarn, Wartezeiten beim Kanton und eine fehlende Finanzierung sind Gründe, warum in der Region nur wenige Landwirtschaftsbetriebe ihren Hof als Biogasanlage nutzen. Wir haben mit Spezialisten und Betroffenen über das aktuelle Thema gesprochen. 2024 soll die Biogasanlage von Landwirt Markus Zürcher ans Netz gehen. Eigentlich ein Grund zur Freude, doch der Bauer aus Schönholzerswilen hat jahrelang durchhalten müssen – und ist 300'000 Franken ärmer als vor fünf Jahren, als der Kampf begann. Christian Eggenberger ist Leiter Beratung Entwicklung Innovation am Arenenberg in Salenstein und die erste Anlaufstelle, wenn sich ein Landwirt für den Bau einer eigenen Biogasanlage interessiert. Marco Pelladoni vom Unternehmen «Bioenergie Tägerwilen » arbeitet für die Pionierin im Sachen Biogas im Kanton.
Als erstes treffe ich Marco Pelladoni. Der Leiter der Kompostieranlage nimmt sich Zeit, um mich durch die Biogasanlage am Rande von Tägerwilen zu führen. Er zeigt sich sehr geduldig und gibt sich mit seiner charmanten Art Mühe, die Komplexität einer solchen Errungenschaft möglichst einfach zu erklären. Und in der Tat macht es bei mir irgendwann «klick». Ganz vereinfacht gesagt: Durch die Vergärung von Biomasse wie Festmist oder Grünabfuhr wird Biogas erzeugt, welches ins Kreuzlinger Gasnetz eingespiesen wird. Bei einem mittelgrossen Landwirtschaftsbetrieb können mit der erzeugten Energie übrigens etwa 80 Haushalte mit Strom versorgt werden. Die Schritte dahin sind natürlich höchst komplex, doch die Erläuterung würde die ganze Zeitung füllen. Warum denn nicht jeder Landwirtschaftsbetrieb solch eine Anlage im Miniformat besitzt?, frage ich mich. Ein Hof autark zu betreiben und dann noch Geld mit dem Verkauf des Gases zu verdienen, hört sich doch gut an. Er lächelt und holt zur Erklärung aus. Genauso wie Christian Eggenberger als ich ihm dieselbe Frage stelle. «Es gibt verschiedene Faktoren, die für und gegen eine eigene Biogasanlage sprechen», sagt der Leiter Beratung am Arenenberg. Wir treffen uns in Salenstein und laufen durch den Betrieb. Ein Roboter säubert gerade den Stall und ein anderer versorgt die Rinder mit frischem Heu. Verrückt. Die Investitionen seien sehr hoch, unter zwei Millionen lasse sich eine mittelgrosse Biogasanlage nicht realisieren. Amortisiert sei eine solche je nach Grösse des Hofes nach zwei Jahrzehnten. Die im Dezember 2022 neu definierten Förderbeiträge des Bundes klingen jedoch verlockend. 50 Prozent zahlt dieser und bis zu 250'000 Franken gibt’s vom Kanton obendrauf. Doch die wenigsten haben 750'000 Franken auf der hohen Kante, die sie für eine Biogasanlage, welche sie vielleicht sogar überlebt, bis sie Geld abwirft, ausgeben können. Aus rein ökologischen Gründen könne sich eine Biogasanlage kein Landwirt leisten, so Eggenberger. Energiebeschaffung ist aber aktuell ein grosses Thema, unabhängig zu sein, hört sich gut an. Doch nebst den hohen Kosten wartet ein riesiger Berg an rechtlichen Abklärungen auf die Bauern. Eggenberger begleitet die Landwirte von Stunde eins, kalkuliert alles durch und stellt in einer Erstabklärung fest, ob der Standort für den Bau einer Anlage überhaupt in Frage kommt. Viele scheitern in ihren Plänen bereits bei diesem Punkt. Doch immerhin konnte Eggenberger in den letzten Jahren sechs Projekte begleiten und erfolgreich abschliessen. Marco Pelladonis Konzept funktioniert zwar gleich in der Theorie, doch der Ansatz ist ein gänzlich anderer. Landwirte bringen ihren Mist nach Tägerwilen, dieser wird dort in sogenannten Fermenter sogenannte «Garagen» zu Gas umgewandelt und nach etwa fünf Wochen können die Bauern den Mist, der sich optimal als Dünger eignet, wieder abholen. Der perfekte Kreislauf. «Dann könnte man doch an verschiedenen Standorten solche eine Anlage aufbauen », schlage ich vor. Der perfekte Kreislauf. Er erklärt, dass diese Idee nur mit Landwirten in der nahen Umgebung funktioniert. Die Transportkosten seien zu hoch, um den Mist durch «die halbe Schweiz zu karren». Und auch nicht sehr ökologisch.
Trotz der finanziellen Investition, dem personellen Aufwand, den hohen Instandhaltungskosten und den unsicheren Strompreisen – Bauer Markus Zürcher will sie, die Biogasanlage auf dem eigenen Hof. Sprichwörtlich um jeden Preis. Es ist bewundernswert, was für eine Ausdauer er hat. Nach einem Jahr Planung reichte er 2017 die erste Baueingabe ein. Daraufhin dauerte es ein weiteres Jahr, bis der Kanton die Umweltverträglichkeitsprüfung vollzogen hat. Doch dann kam die Bewilligung – postwendend jedoch sieben Einsprachen, eine davon ging in den Rekurs. Am Verwaltungsgericht wurde der Antrag von Zürcher abgeschmettert. Und so zieht sich das ganze seit Jahren hin. «Die Fantasie der Anwälte ist grenzenlos », sagt Markus Zürcher. Heute kann er, wenn auch wehmütig, darüber schmunzeln, denn die Ziellinie ist in Sicht. Für Grundlagen zur Bewilligung einer Anlage spricht er von der wirtschaftlichen und räumlichen Unterordnung, maximalen Arbeitsstunden in der Bewirtschaftung der Biogasanlage und die Obergrenze an produzierter Energie. «Es ist wirklich ein riesiger Dschungel an Regelungen und der Ermessungsspielraum ist gross», machte Zürcher die Erfahrung. Eine besondere Hürde wurde seitens Bundesgerichts im Jahre 2019 eingeführt, wonach eine Umweltverträglichkeitsprüfungs- pflichtige Anlage (ab 5000 Tonnen Jahresmenge) in einer speziellen Planungszone erstellt werden sollte. Diese Jahresmenge entspricht lediglich gerade mal dem Mist von 120 Kühen oder rund 2300 Mastsauen. Nichts für den Landwirt, der nebst Mutterkühen 18'000 Hühner hält. Alle bis vor 2018 erstellten Anlagen in der Schweiz sind nicht von der Regelung betroffen. Wer mehr als die vorgegebene Menge verarbeitet, müsste vorab einen Antrag für die «Spezialzone Energiegewinnung » einreichen um diesbezügliche Unsicherheiten wegzuräumen. «85 Prozent aller Biogasanlagen in der Schweiz liegen weit über dem Maximum», weiss Zürcher. Der Durchschnitt liege bei über 13'000 Tonnen Biomasse pro Jahr. Im aktuellen Antrag hat er die Anlage deshalb auf 4995 Tonnen redimensioniert – auch wenn sein Betrieb ein Vielfaches an Energie produzieren könnte, gibt es sich fürs erste zufrieden. Man sieht: meist liegt es nicht am Wollen der Landwirte, sondern am Können.
Von Desirée Müller
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