Reto Inauen
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Optisch macht die Unterführung am Eschenzer Bahnhof nicht viel her. Sie ist dennoch eine wichtige Verbindung fürs Dorf. sb
In den Augen der SBB ist die Eschenzer Bahnunterführung weder zeitgemäss noch notwendig. Im Dorf sieht man das anders: Alt und Jung schätzen die Bahnunterführung als sichere Verbindung zwischen Oberdorf und Dorfmitte. Schon im 18. Jahrhundert, bevor es überhaupt einen Bahnhof gab, liefen hier die Menschen lang.
Eschenz Wer tief in der Eschenzer Geschichte buddelt, der holt Erstaunliches zutage. So ist geschichtlich belegt, dass die Bahnunterführung östlich des Bahnhofs Teil einer durch Gewohnheitsrechte gesicherten Verbindung für Fussgänger ist. Bereits 1850 (vor dem Eisenbahnbau) und 1884 (da waren die Schienen gelegt) ist dieser Weg in Karten abgebildet. Seine Ursprünge gehen indes noch weiter zurück: Die Unterführung ist Teil eines historischen Kirchwegs, der vom Oberdorf zur Kirche im Unterdorf bzw. ab 1738 im Mitteldorf führte. Die Befürworter des Erhalts sind der Meinung, dass der Verbindungsweg schon vor der Bahn existierte. Ohne Zustimmung der Einwohnerinnen und Einwohner dürfe dieser nicht aufgehoben werden.
Ein weiteres Argument gegen die Zuschüttung der Unterführung ist die Verkehrssicherheit. Viele Schulkinder, die im Gebiet südlich der Bahngleise und östlich der Frauenfelderstrasse wohnen, sprich: Im Oberdorf, nutzen die Unterführung, um an die Primar- oder Sekundarschule oder den Kindergarten zu gelangen. Dieser Weg, via Alte Bahnhofstrasse, an der Kirche vorbei, zum Fussgängerstreifen vor der Primarschule, wird von Eltern und Lehrerinnen wie von Kindern als sicherer empfohlen, als die Bahngleise westlich des Bahnhofs. Dort an der Schranke kann man die Gleise zwar auch überqueren. Doch es gibt nicht mal ein Trottoir auf der Ostseite der Frauenfelderstrasse. Und auch keinen Fussgängerstreifen.
Lehrpersonen des Waldkindergartens schätzen die Unterführung auf ihren wöchentlich stattfinden Waldtagen als sicherste Verbindung zwischen Kindergarten und Wald. Selbst Senioren, die nicht gut zu Fuss sind, klettern lieber die Stufen zur Unterführung hinunter und dann wieder hoch, als neben der viel befahrenen Frauenfelderstrasse zu laufen.
Zudem profitiere der Tourismus von der Unterführung, sagen die Befürworter. Viele Wandererinnen laufen hier durch. Denn der Bahnhof ist Ausgangspunkt eines offiziellen gegen Süden verlaufenden Wanderwegs. Um zu der dem Ufer entlang führenden nationalen Wanderroute Nr. 60 ViaRhenana zu gelangen, ist der kürzeste Weg durch die Unterführung. Auch wer Hafen oder Strandbad besucht, läuft hier durch. Manchmal sogar mit dem Gummiboot in der Hand. Es handelt sich schlicht um den kürzesten Weg zum See. Und nicht zuletzt sind Gäste der beliebten Herberger «Schlafen im Stroh» froh, wenn sie mit dem Zug in Eschenz ankommen und durch die Unterführung zu ihrem Ziel an der Hauptstrasse 126 gelangen können.
Mit der Minderung der Lebensqualität wird eine weitere Auswirkung genannt, sollte die SBB ihre Pläne tatsächlich verwirklichen dürfen und die Unterführung zuschütten. Denn für die bestehenden Dorfquartiere nördlich des Bahnhofs stellt die Unterführung den direktesten Zugang zu Bahnhof dar. Ohne sie gäbe es nur noch die Bahnschranken. Viele Pendler haben sicher schon einmal erlebt, wie sie den Zug via Unterführung gerade noch erreichten. Bei geschlossenen Schranken wäre dies nicht möglich gewesen. Dasselbe gilt natürlich für die Entwicklungsgebiete im Osten des Dorfes. Auch für sie stellt die Unterführung den direktesten Weg zum Bahnhof dar. Fällt er weg, leidet die Wohnqualität in diesen Entwicklungsgebieten, in denen mehrere Mehr- und Einfamilienhäuser geplant sind. Und damit leidet auch die Attraktivität des Dorfes.
Wer den Technischen Bericht der SBB liest, bekommt den Eindruck, die Unterführung sei weder zeitgemäss noch notwendig. Nur ein kleiner Teil der Bevölkerung würde sie überhaupt benutzen, behaupten die Verfasser. Das habe eine Analyse gezeigt. Dass dieser nur etwa 20 Meter lange Tunnel unter den Gleisen jedoch ein wichtiger Weg ist, werden viele Dorfbewohner bestätigen. Die SBB findet zudem, dass es zu viel Aufwand bedeutet, die Unterführung behindertengerecht zu gestalten. Doch den Menschen, die sie aufgrund ihres Handicaps nicht benutzen können, ist auch nicht damit geholfen, dass man die Unterführung schliesst.
Von Stefan Böker
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