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Stadträtin Elsbeth Aepli Stettler verabschiedet sich. zVg
Nach fünf Legislaturen gibt Elsbeth Aepli Stettler ihr Amt als Stadträtin und Vorsteherin des Departements für Alter und Gesundheit ab. Wie sich die Arbeit über die letzten 20 Jahre verändert hat und welche grossen Projekte sie vorangebracht hat, erzählt sie im Interview.
Im Jahr 2003 begann Ihre erste Legislatur im Stadtrat Frauenfeld. Können Sie sich noch an Ihre erste Handlung als Stadträtin erinnern?
Es war zwar nicht meine erste Handlung, aber eine Erinnerung an eine meiner ersten Stadtratssitzung: Als Vorbereitung auf die laufenden Themen konnte ich vor Amtsantritt gewisse Sitzungen besuchen. Eine Sitzung war in jener Woche, in der die Uhren von der Winter- in die Sommerzeit eine Stunde vorgestellt werden mussten. Da meine Zeiger immer noch in der Winterzeit festhingen, kam ich zu dieser Sitzung zu spät. Stadtammann Hans Bachofner war «not amused».
Rückblickend haben Sie fast eintausend Stadtratssitzungen besucht. Was hat Sie dazu bewegt, dieses Amt 20 Jahre lang auszuüben?
Die Aufgaben als Stadträtin haben sich immer wieder verändert. Meine Arbeit heute ist nicht mehr die, wie vor 20 Jahren. Das macht es spannend und abwechslungsreich.
Wie hat sich die Arbeit im Stadtrat über die Jahre verändert?
Eine grosse Veränderung war die Digitalisierung. 2003 habe ich die Unterlagen für die nächste Stadtratssitzung am Freitag per Kurier erhalten. Heute ist sie nur noch einen Mausklick entfernt. So hat sich auch die Arbeitsweise verändert und ich denke, durch die Sozialen Medien ist der Stadtrat auch nahbarer geworden. Wenn man früher mit einem Entscheid des Stadtrats ein Problem hatte, musste man den Hörer in die Hand nehmen. Heute reicht ein Kommentar auf Facebook.
Auf welchen Meilenstein in Ihrer Amtszeit sind Sie heute besonders stolz?
Ein wirklich grosses und heute noch erfolgreiches Projekt ist der Bau der Parksiedlung Talacker, die 2011 eröffnet wurde. Diese 70 Alterswohnungen sind mit ihren breiten Angeboten und Hilfeleistungen relativ einzigartig. Dort können fitte und auch pflegebedürftige Personen leben. Ein weiteres grosses Projekt war «BOVIDEM». Das ist ein Akronym für den portugiesischen Titel: Boa Vida com Demencia. In diesem Rahmen wurden Hilfeleistungen und Entlastungsangebote für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen aufgegleist und angeboten.
Von welchen Ihrer Projekte können die älteren Generationen in Frauenfeld heute auch noch profitieren?
Das Projekt AWIQ (Älter werden im Quartier) war ebenfalls ein grosser und wichtiger Meilenstein. Das Departement für Alter und Gesundheit hat von 2014 bis 2017 einige partizipative Anlässe mit verschiedenen Quartieren durchgeführt und spannende Erkenntnisse daraus ziehen können. Das übergeordnete Ziel dabei war, folgende Frage umfassend zu beantworten: Was braucht ein Mensch, um zufrieden in seinem eigenen Heim älter zu werden?
Konnte diese Frage beantwortet werden?
Abschliessend kann man diese Frage nicht beantworten, denn die Begebenheiten ändern sich ständig. Zum Beispiel muss hierbei der demografische Wandel berücksichtigt werden.
Inwiefern hat sich dieser während Ihrer Amtszeit verändert?
Im Vergleich zum Jahr 2003 hat die Stadt Frauenfeld 20 Prozent mehr Einwohnerinnen und Einwohner und 44 Prozent mehr über 65-jährige Personen. Diese Herausforderung habe ich immer auch als Chance gesehen und mich dafür eingesetzt, dass es genügend Angebote wie Spitex und Freiwilligenarbeit gibt, damit das Ziel, im eigenen Zuhause älter werden zu können, möglich ist. Jungpensionierte engagieren sich in starkem Umfang freiwillig und darauf können wir auch bauen.
Apropos Freiwilligenarbeit, wie gross ist das Engagement in Frauenfeld?
Aus den mir beim Amtsantritt übergebenen Ideen entwickelten wir den Dachverband für Freiwilligenarbeit (DaFa). Aus dem Projekt «Älter werden im Quartier» entwickelte sich in manchen Quartieren die Nachbarschaftshilfe und diese wurde beim DaFa institutionalisiert. Vor allem während der Corona-Pandemie war die Nachbarschaftshilfe eine wertvolle Unterstützung.
Inwiefern konnte der DaFa die Stadt Frauenfeld unterstützen?
Ich kann mich erinnern, dass wir am Sonntag vor dem ersten Lockdown im Jahr 2020 den ganzen Tag gearbeitet haben, um die Versorgung der älteren Menschen irgendwie zu organisieren. Am Nachmittag telefonierten wir der Nachbarschaftshilfe und diese war spontan zur Hilfe bereit. Sie stellten dann sicher, dass allen hilfsbedürftigen Personen der Lebensmitteleinkauf nach Hause gebracht wird. Das war eine grosse Erleichterung und auch der Beweis, wie wichtig solche Institutionen sind.
Welchen Arbeiten gingen Sie als Stadträtin am liebsten nach?
Meine Highlights waren immer die partizipativen Projekte, wenn man direkt mit den Menschen über ihre Anliegen sprechen konnte. Und eine letzte Herzensangelegenheit von mir ist der Austausch über die Freiwilligenarbeit mit unserer Partnerstadt Kufstein in Österreich. Es ist generell sehr wertvoll, sich von anderen Städten inspirieren zu lassen und zu sehen, wie sie mit den Herausforderungen umgehen. Deshalb engagiert sich Frauenfeld seit der Gründung im Netzwerk altersfreundliche Städte.
Nebst Ihren Tätigkeiten als Stadträtin haben Sie als Anwältin gearbeitet. Wie haben Sie das vereinbart?
Meine Woche hatte immer viele Arbeitsstunden; ich hatte immer Freude an der Arbeit, schätzte den Austausch mit den Mitarbeitenden und die verschiedenen Begegnungen mit der Bevölkerung. Das gab mir jeweils auch die nötige Energie. Auch als Anwältin verstehe ich mich als Dienstleisterin für Menschen.
Was war Ihr Ausgleich zur Arbeit?
Ganz klar die Ferien. Mein Mann und ich reisen gerne nach Indonesien zur Verwandtschaft meines Mannes. Oft machen wir dann noch einen Abstecher nach Singapur, weil uns diese Stadt sehr gefällt. Wenn ich reise, beobachte ich immer gerne, wie diese Kultur mit der älter werdenden Bevölkerung umgeht.
Was geben Sie Ihrer Nachfolgerin, Regine Siegenthaler, mit auf den Weg?
Sie soll von Anfang an die Prioritäten richtig setzen und sich ihre Zeit richtig einteilen. Ich bin überzeugt, dass sie eine gute Arbeit leisten wird.
Was haben Sie mit der neu gewonnenen Zeit vor?
Einerseits werde ich weiterhin als Anwältin tätig sein und mein Anwaltsbüro in punkto Team und Digitalisierung transformieren. Andererseits möchte ich mehr Zeit meiner Familie und meinen Freunden widmen. Vor allem möchte ich die Wochenenden geniessen, da an diesen meistens noch die Vorbereitung der nächsten Stadtratssitzung erfolgen musste.
Was nehmen Sie aus diesen ereignisreichen fünf Legislaturen mit?
Dankbarkeit. Ich bin dankbar, dass ich dieses Mandat für eine so lange Zeit mit wunderbaren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausüben durfte.
IDSF
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