Thomas Müller, Dr. iur., Rechtsberatung
Muss meine Mutter den Schaden selber tragen?
Frage: Meine 82-jährige Mutter lebt seit einigen Jahren im Altersheim; sie leidet an einer beginnenden Demenz. Kürzlich ist ihr beim Ausüben ihres Lieblingshobbys, dem Malen, ein Missgeschick passiert: Sie leerte einen Farbtopf aus. Die Farbe liess sich zwar von den Bodenplatten entfernen, nicht aber von den Fugen dazwischen. Mit verschiedenen Reinigungsmitteln versuchte meine Mutter, die Farbe auch dort wegzuwischen, vergrösserte dadurch aber den Schaden nur noch. Ihre Privathaftpflichtversicherung lehnt eine Übernahme ab, weil meine Mutter wegen ihrer Demenz nicht urteilsfähig sei. Somit treffe sie kein Verschulden und sie sei gegenüber dem Heim nicht haftbar. Muss ich diesen Bescheid akzeptieren?
Antwort: Nein, das würde ich an Ihrer Stelle nicht tun. Zwar trifft es zu, dass Privathaftpflichtversicherungen nur zahlen müssen, wenn die versicherte Person selber haftbar ist. Richtig ist auch, dass keine Haftpflicht besteht, falls der Versicherte nicht schuldfähig war, das heisst die Folgen seines Tuns nicht erkennen und entsprechend handeln konnte. Ob dies bei Ihrer Mutter der Fall war, ist aber höchst zweifelhaft. Allein ihre Reaktion auf das Missgeschick zeigt doch, dass sie bezüglich ihrer Tat sehr wohl ein Unrechtsbewusstsein hatte und somit urteilsfähig war. Der Umstand, dass sie hernach zu ungeeigneten Reinigungsmitteln griff, um die Flecken zu entfernen, genügt meines Erachtens nicht, um eine Urteilsunfähigkeit anzunehmen. Das hätte auch vielen anderen passieren können. Ich empfehle Ihnen daher, gegenüber der Versicherung auf einer Übernahme des Schadens zu bestehen.
Nötigenfalls könnten Sie sich an den Ombudsman der Privatversicherung wenden (versicherungsombudsman.ch). Dieser hat schon vor ein paar Jahren in einem Tätigkeitsbericht kritisiert, dass Versicherer bei Kunden mit Demenzerscheinungen automatisch die Urteilsfähigkeit verneinen. Demenz bedeute nicht, dass jemand in Bezug auf sämtliche Handlungen urteilsunfähig sei. Bei Erwachsenen müsse immer vom Bestehen der Urteilsfähigkeit ausgegangen werden, solange nicht ein Facharzt das Gegenteil festgestellt habe.
Der Ombudsmann empfiehlt der Branche, Zusatzbausteine zu offerieren, damit auch Betagte mit Demenzerscheinungen an einem möglichst guten Versicherungsschutz teilhaben können. Familien mit kleinen Kindern geniessen heute schon einen ähnlichen Schutz: Viele Gesellschaften verpflichten sich im Kleingedruckten freiwillig, Schäden von urteilsunfähigen Kindern bis zu einem bestimmten Höchstbetrag zu übernehmen – sogar ohne Mehrprämie.
Thomas Müller, Dr. iur.
Niederneunforn TG
Tel. 043 535 00 00
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